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12. April 2024 - Meldung

Überlebende sexualisierter Gewalt im Kosovokrieg: Nationaltag bringt Anerkennung

Vor einem Jahr wurde der 14. April zum ersten Mal zum Nationalen Tag für die Überlebenden sexualisierter Gewalt während des Kosovokrieges ernannt. Eine wichtige Errungenschaft für alle Betroffenen, wie unsere Partner:innen im Kosovo berichten. Sie haben jahrelang für diesen Tag gekämpft.

Eine Frau steht vor einer Landkarte, die an einer Wand hängt.
Der Erinnerungstag an die Überlebenden sexualisierter Gewalt kommt allen Betroffenen im Kosovo und darüber hinaus zugute.

2023 war es endlich so weit: Der 14. April wurde offiziell zum Nationalen Tag für die Überlebenden sexualisierter Kriegsgewalt im Kosovo. Auf Initiative unserer Partnerorganisation The Kosova Rehabilitation Center for Torture Victims (KRCT) und später durch die Plattform „Be My Voice“ waren vier Organisationen maßgeblich an der jahrelangen politischen Arbeit beteiligt, die der Ernennung des 14. Aprils vorausgegangen war: Neben KRCT Medica Gjakova, Medica Kosova und das Center for Women Rights Promotion. Sie sind Teil der „Be my Voice”-Plattform, die als Vertretung vieler Frauenrechtsaktivist:innen im Kosovo dafür kämpfen, dass gewaltbetroffene Frauen Solidarität und Anerkennung erfahren.

Wichtige symbolische Anerkennung

Vor einem Jahr konnten sich Frauenrechtsaktivist:innen im Kosovo, aber auch über die Landesgrenzen hinaus, freuen, dass es zu dieser symbolischen Anerkennung der Situation von überlebenden Frauen gekommen ist.

„Der Tag ist eine Gelegenheit, um gemeinsame Aktionen zu organisieren – auch heute. Der 14. April ist nun eine Erinnerung an die immer noch vorhandenen Herausforderungen von Überlebenden sexualisierter Gewalt und ihre Widerstandsfähigkeit auf ihrer Reise zu Heilung und Gerechtigkeit.“

Dorina Babuni, Projektmanagerin bei Medica Gjakova

„Einen Erinnerungstag im Kosovo zu haben, ist ein wichtiger Meilenstein. Er erkennt das Leid der vielen Überlebenden an, die immer noch mit Stigma und Scham kämpfen. Der 14. April bietet eine Möglichkeit die Erinnerungen an die gewaltvolle Vergangenheit gemeinsam anzuerkennen und gleichzeitig Solidarität zu fördern und sich für Gerechtigkeit und Unterstützung einzusetzen.“

Sabina Kaqinari, Projektmanagerin bei KRCT

„Präsidentin Vjosa Osmani hat entschieden, dass es diesen Erinnerungstag geben soll. Dieses Jahr wird deshalb auf Anfrage von KRCT das Forum ,Frauen, Frieden und Sicherheit‘ in der Woche vom 14. April stattfinden und diesem Tag gewidmet sein. Das Thema sexualisierte Gewalt steht im Zentrum der Agenda und mehr als 40 Länder weltweit beteiligen sich daran.“

Feride Rushiti, Geschäftsführende Direktorin von KRCT

Dabei ist der 14. April nicht zufällig ausgesucht worden, um an die Überlebenden sexualisierter Kriegsgewalt im Kosovo zu erinnern. Während der letzten Kriegsmonate und insbesondere im April 1999 kam es zu besonders vielen Vergewaltigungen und anderer sexualisierter Gewalt. Der 14. April ist der Tag, an dem die Kosovarin Vasfije Krasniqi Goodman – damals 16 Jahre alt – von einem serbischen Polizisten vergewaltigt wurde. 2015 machte sie ihre Geschichte öffentlich und war damit die erste Überlebende, die über ihre Erlebnisse sprach. Heute arbeitet sie als Sondergesandte der Präsidentin des Kosovo. Sie ist eine Überlebende, die sich als Aktivistin für Veränderungen einsetzt und andere Überlebende stärkt, die sexualisierte Kriegsgewalt erlebt haben.

Erlebnisse der Überlebenden in der Öffentlichkeit

Auch in diesem Jahr haben es unsere Partner:innen zum 14. April im Kosovo geschafft, die Erlebnisse, Erfahrungen und Bedürfnisse der Überlebenden sexualisierter Kriegsgewalt in die Öffentlichkeit zu bringen. So wird ein Brief einer Überlebenden im Fernsehen vorgetragen, der auch an die frühere Präsidentin Atifete Jahjaga übermittelt wurde. Sie hat während ihrer Amtszeit die Gesetzesanpassung auf den Weg gebracht, die die finanzielle Entschädigung für Überlebende sexualisierter Kriegsgewalt im Kosovo ermöglicht hat. Weitere öffentlichkeitswirksame Aktionen finden parallel statt, genauso wie Vertreter:innen unserer Partnerorganisationen an öffentlichen Diskussionen teilnehmen.

„Ein Erfolg ist, dass das öffentliche Interesse an den Erfahrungen der Überlebenden heute deutlich größer ist als früher und dass ihre Erfahrungen in den öffentlichen Dialog einfließen. Mehr Menschen werden sich der Bedeutung von sexualisierter Kriegsgewalt bewusst und erkennen, dass es wichtig ist, Überlebende zu unterstützen."

Feride Rushiti, Geschäftsführende Direktorin von KRCT

Nichtsdestotrotz haben die Frauenrechtsaktivist:innen immer noch viel zu tun:

„Wir werden weiter dafür arbeiten, dass die Bedarfe der Überlebenden in der aktiven Politik Widerhall finden. Angebote an psychologischer Unterstützung oder juristischer Beratung wird es weitergeben – die Nachfrage ist immer noch groß.“ 

Mirlinda Sada, Direktorin von Medica Gjakova

Denn letztendlich ist der 14. April ein wichtiger Meilenstein – der aber symbolisch ist. Der Kampf für Gerechtigkeit und vollkommene Anerkennung und Ent-Stigmatisierung von Überlebenden sexualisierter Gewalt geht weiter.