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01. September 2020 - Interview

Zweiter Weltkrieg: Korea-Verband demonstriert seit Jahrzehnten Solidarität mit den “Trostfrauen”

Mit der Kapitulation Japans endete am 2. September 1945 der Zweite Weltkrieg in Asien. Wie in Europa, waren zahlreiche Frauen und Mädchen Vergewaltigungen und anderen Formen sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Die japanische Armee verschleppte und versklavte Frauen aus Japans damaligen Kolonien Korea und Taiwan sowie aus besetzten Ländern wie China, Indonesien oder den Philippinen. Um in Deutschland das Schicksal der sogenannten Trostfrauen bekannt zu machen, gründetet der Berliner Korea-Verband 2009 die „AG Trostfrauen". Wir haben mit Nataly J. H. Han, Vorstandsvorsitzende des Korea-Verbandes, über die Arbeit der Aktionsgruppe gesprochen.

Nataly Han vom Koreaverband

Warum hat sich die AG-”Trostfrauen” gegründet?

Nataly J. H. Han: „Als Korea-Verband haben wir uns schon lange mit den ‚Trostfrauen‘ solidarisiert. Ausschlaggebend für die Gründung der AG war der Besuch der Überlebenden Won-Ok Gil aus Südkorea 2008. Anschließend sind verschiedene Initiativen und Organisationen wie die koreanische und japanische Fraueninitiative, kirchliche Gruppen oder auch Amnesty International sowie interessierte Einzelpersonen zusammengekommen, um weitere Veranstaltungen zu organisieren.“

Die AG nimmt mittwochs an Demonstrationen teil. Wie sind diese entstanden und was bedeutet die Online-Aktion in diesem Jahr?

Nataly J. H. Han: „Die Mittwochsdemonstrationen haben am 8. Januar 1992 angefangen, als der damalige japanische Premierminister Südkorea besuchte und die japanische Regierung leugnete, dass es die ‚Trostfrauen’ überhaupt gegeben hat. Seitdem demonstrieren Überlebende und ihre UnterstützerInnen jeden Mittwoch vor der japanischen Botschaft in Seoul. Die Mittwochsdemonstrationen haben sich zu einer wichtigen Plattform für Solidarität und Austausch mit den ’Trostfrauen’ entwickelt.“

Wir haben uns von Berlin aus immer wieder mit den Überlebenden solidarisiert, so etwa zum diesjährigen Internationalen Frauentag. Mit Arbeiten von Schülerinnen der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule haben wir eine Ausstellung im Glaspavillon vorm Rathaus Tiergarten eröffnet. Die anschließend geplante Mittwochsdemonstration musste wegen Covid-19 ausfallen. Wir entschieden, eine Online-Kampagne zu machen und jeden Mittwoch Fotos und Solidaritätsgrüße hochzuladen.“

Dieses Jahr beteiligt sich auch medica mondiale an der Online-Aktion. Was kann die Teilnahme bewirken?

Nataly J. H. Han: „Ich denke, dass medica mondiale, unsere AG und die Bewegung der „Trostfrauen“ von Anfang an eine enge Verbindung hatten. medica mondiale war beispielsweise im Jahr 2000 auch am Internationalen Frauen-Tribunal in Tokio beteiligt. Namhafte Frauenorganisationen, Juristinnen, Richterinnen und Rechtsanwältinnen aus aller Welt waren anwesend und haben den japanischen Kaiser Hirohito, als Hauptverantwortlichen und als Oberbefehlshaber der Armee seit 1937, symbolisch wegen ‚Verbrechen gegen die Menschlichkeit‘ verurteilt. 2019 haben wir ein neues Museum für die ‚Trostfrauen‘ eröffnet und auch die Arbeit von medica mondiale vorstellen können. All diese Kooperationen und gegenseitige Unterstützung sind großartig.“

Mit der Kampagne ‘Niemals nur Geschichte’ thematisiert medica mondiale die sexualisierte Gewalt, von der weltweit Millionen Frauen betroffen sind. Was bedeutet “Niemals nur Geschichte” für die "AG-Trostfrauen”?

Nataly J. H. Han: „Als der Krieg beendet war, war es für die Frauen weiter schwierig. Sie haben mit der Angst gelebt, dass jemand sie ‚entdeckt‘. Auch mit großen Schuldgefühlen hatten sie zu kämpfen, obwohl sie nicht schuldig waren. Durch die Bewegung der ‚Trostfrauen‘ haben diese Frauen so viel Kraft erfahren – und ganz entscheidend ist – viele auch den Mut gefunden, öffentlich aufzutreten. Das, was sie immer betonen, ist: ‚Ich möchte nicht, dass sich das wiederholt in der Geschichte. Dass anderen nicht das Gleiche passiert, wie es mir passiert ist.‘ Und deswegen sind die Frauen gegen den Krieg, gegen das Vergessen. Die Geschichte wird immer weiterleben und wir werden immer mit großer Entschlossenheit daran erinnern, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.“

Autorin: Das Interview führte Sara Fremberg, Bereichsleitung Kommunikation & Politik bei medica mondiale.

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