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17. April 2020 - Kommentar

Kommentar von Sybille Fezer: Arbeiten in Zeiten von Corona

Vor Wochen ist das Team unserer Frauenrechtsorganisation medica mondiale – wie viele Menschen weltweit – in den digitalen Raum gezogen. Von dort kommunizieren unsere Projektreferentinnen und Traumaberaterinnen in alle Welt. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Frauen und Mädchen trotz der mit Corona verbundenen Einschränkungen weiter Unterstützung bekommen und stellen unsere Arbeit um, um einen aktiven Beitrag zur Eindämmung von Corona zu leisten.

Wie arbeitet das Team von medica mondiale in Zeiten von Corona?

Fast täglich sind die Kolleginnen mit unseren Partnerorganisationen in Kontakt. Sie diskutieren mit den Frauenrechtsaktivistinnen aus Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo über die besten Maßnahmen zum Schutz vor Corona, aber auch vor der in Krisenzeiten steigenden häuslicher Gewalt. Sie tauschen sich darüber aus, wie sie Frauen und Mädchen auch weiterhin schnell und effizient helfen können, darunter auch denjenigen, die die Krise am stärksten trifft: alleinstehende Frauen, alte Menschen, von Armut betroffene Gemeinschaften, junge Mädchen, Sexarbeiterinnen oder mit HIV infizierte Menschen.

In Krisenzeiten halten Frauen die Gesellschaft am Leben

Innerhalb kürzester Zeit haben viele der Frauenorganisationen, mit denen medica mondiale seit Jahren zusammenarbeitet, überall auf der Welt ihre Arbeit angepasst. Sie verteilen Hygienematerial, warnen und klären auf. Aus Erfahrung wissen sie: während bewaffneter Konflikte, aber auch in anderen Krisenzeiten, sind Frauen meist diejenigen, die das „System“ am Laufen halten, während gleichzeitig essentielle Rechte wie der Zugang zu Schwangerschaftsvorsorge und sicheren Geburten nicht mehr zu existieren scheinen. Und oft ist die Angst vor Hunger größer als die vor dem Virus. Auch dies nehmen die Aktivistinnen des Globalen Südens in den Blick.

Feministische Solidarität: Nothilfefonds Corona

Das Team von medica mondiale berät sie dabei, mobilisiert Gelder für einen Nothilfefonds und informiert die deutsche Öffentlichkeit über die Situation in unseren Partnerländern, die Arbeit der Aktivistinnen vor Ort und die Herausforderungen, mit denen sie zu kämpfen haben. Und: wir vernetzen untereinander – so lernen zum Beispiel die Organisationen in der Region der Großen Seen Afrikas von den Frauen aus Liberia, wie das Team während der Ebola-Epidemie 2014 aufgeklärt, auf Telefonberatungen umgestellt und Trauerarbeit geleistet hat. Oder wie sie über ihre Unterstützerinnengruppen genau im Blick hatten, in welchen Stadtvierteln Menschen in Quarantäne existentiell bedroht waren.

Während der Krise bleiben wir an der Seite von Frauen und Mädchen

Unsere Kolleginnen hier und die Frauenrechtlerinnen vor Ort haben auch diejenigen im Blick, die bis zur totalen Erschöpfung in den Gesundheitssystemen arbeiten, tagtäglich mit Leid und Trauer konfrontiert sind und ihr Leben aufs Spiel setzen. Mit vielen Gesundheitszentren kooperieren wir seit Jahren, trainieren mit unserem stress- und traumasensiblem Ansatz zum Umgang mit Frauen, die Gewalt erfahren haben.

So hat das Team des Fachbereichs Trauma gerade alle Hände voll zu tun. Anfragen aus dem Nordirak, aus Afghanistan kommen täglich bei uns an: was können wir für die KrankenpflegerInnen und ÄrztInnen tun? Sie coachen, entwickeln Handreichungen und digitale Formate der Selbstfürsorge, die einfach zu handhaben sind und die jede auf ihrem Handy genau dann abrufen kann, wenn sie gerade einmal zum Durchatmen kommt. Ja, und auch den Leiterinnen unserer Partnerorganisationen selbst fällt es nicht leicht, eine Balance zu finden zwischen ihrem großen Engagement und der eigenen Kraft; sie sind ja so oft Vorbild für ihre Mitarbeiterinnen. Gut, da hin und wieder im fernen Deutschland ein offenes Ohr zu finden.

Feministische Prinzipien für einen Waffenstillstand

Was uns außerdem wichtig ist: die großen politischen Linien nicht aus dem Blick zu verlieren. So bleiben wir vernetzt mit unseren feministischen Kolleginnen in New York und Kanada, die den vom UN Generalsekretär ausgerufenen Waffenstillstand politisch nutzen wollen, damit die Stimme der Frauen gehört wird. Gemeinsam erarbeiten wir derzeit feministische Prinzipien für einen Waffenstillstand.

Gemeinsam setzen wir uns für Frauenrechte ein

Ob in Serbien, Sierra Leone, Uganda oder Köln: wir stärken uns gegenseitig – und engagieren uns gemeinsam gegen die Pandemie und für Frauenrechte - ob im Homeoffice, mit Laptop und Kindern auf den Knien, in der Krankenstation in Goma, im Beratungszentrum im Nordirak oder in der Dorfgemeinschaft in Ruanda.

Autorin: Sybille Fezer, Frauenrechtsaktivistin und Vorständin bei medica mondiale.

 

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